Rudyard Kipling

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Joseph Rudyard Kipling (* 30. Dezember 1865 in Bombay; † 18. Januar 1936 in London) war ein britischer Schriftsteller und Dichter. Seine bekanntesten Werke sind Das Dschungelbuch und der Roman Kim. Außerdem schrieb er Gedichte und eine Vielzahl von Kurzgeschichten. Kipling gilt als wesentlicher Vertreter der Kurzgeschichte und als hervorragender Erzähler.[1] Seine Kinderbücher gehören zu den Klassikern des Genres.[2] 1907 erhielt er, noch keine 42 Jahre alt, als erster englischsprachiger Schriftsteller den Literaturnobelpreis; den Rekord als jüngster Literaturnobelpreisträger hält er bis heute. Verschiedene andere Ehrungen wie die Erhebung zum Poet Laureate und in den Adelsstand lehnte er ab.[3]

Leben

Kindheit und Jugend

Rudyard Kipling wurde im damaligen Bombay (Indien) geboren. Seine Eltern waren John Lockwood Kipling und dessen Ehefrau Alice, geb. Macdonald. Sein Vater war Lehrer an der örtlichen Jeejeebhoy-Kunstschule und später Direktor des Museums von Lahore. Ein Onkel mütterlicherseits war der Maler Edward Burne-Jones, ein anderer der Politiker Stanley Baldwin. Seinen ausgefallenen Vornamen Rudyard verdankt er dem Lake Rudyard in Staffordshire, an dem seine Eltern sich verlobt hatten. Der niemals verwendete Vorname Joseph war Familientradition; ältere Söhne wurden im Wechsel John oder Joseph genannt.

Bernice M. Murphy zufolge stuften sich Kiplings Eltern als Anglo-Indian ein – Kipling ebenso, auch wenn er den Großteil seines Lebens anderswo verbrachte. In Bombay wurde Kipling von einer portugiesischen Nanny und dem Hindi Meeta aufgezogen, Englisch empfand er als Fremdsprache.[4] Mit fünf Jahren wurde er mit seiner jüngeren Schwester nach England zu den Holloways geschickt.[4] Viele anglo-indische Kinder wurden damals bei Pflegeeltern aufgezogen. Kipling erinnerte sich noch in seiner Autobiographie mit Schrecken an deren strenge Aufsicht. Seiner 1868 geborenen Schwester Alice, genannt Trix, erging es etwas besser, weil die Holloways, eine Kapitänsfamilie in Lorne Lodge, wohl hofften, ihr Sohn könne sie einst heiraten.[5] Die Kinder besuchten zuweilen über die Weihnachtstage Verwandte wie ihre Tante Georgiana, die mit Edward Burne-Jones in Fulham bei London lebte. Das versöhnte Kipling halbwegs mit seinem Schicksal.[4] 1877 kam Alice Kipling aus Indien zurück, und die Kinder wurden aus Lorne Lodge befreit. 1878 wurde Kipling zum United Services College, einer Militärschule, zugelassen. Stalky & Co. (deutsch Staaks und Genossen oder Lange Latte und Genossen[6]) geht ganz wesentlich auf die dort gemachten Erfahrungen zurück.

Literarische Karriere

1882 kehrte Kipling nach Lahore (im heutigen Pakistan) zurück, wo seine Eltern inzwischen lebten. Die Ankunft veränderte Kipling wesentlich; die Jahre in England erschienen ihm als Last, die nun von ihm abzufallen begann.[4] Er arbeitete dort zunächst als Redakteur einer örtlichen Zeitung und begann Lyrik und Erzählungen zu schreiben.

Ab Mitte der 1880er Jahre bereiste er den indischen Subkontinent als Korrespondent des in Allahabad erscheinenden The Pioneer. Gleichzeitig wurden seine Bücher erfolgreich; bis 1888 hatte er bereits sechs Bände mit Kurzgeschichten veröffentlicht, darunter Soldiers Three (1888). Eine Erzählung dieser Zeit war Der Mann, der König sein wollte (The Man Who Would Be King), die 1975 von John Huston unter dem Originaltitel The Man Who Would Be King verfilmt wurde.

In seinen Plain Tales from the Hills (Schlichte Geschichten aus Indien, 1888) überlieferte er der Nachwelt zahlreiche Geschichten aus dem anglo-indischen Milieu und machte sich einen Namen als Autor von Abenteuergeschichten.

Das Dschungelbuch

Später begann er Kinder- und Jugendbücher zu schreiben, unter anderem sein heute (auch durch den Disney-Zeichentrickfilm) bekanntestes Werk Das Dschungelbuch (The Jungle Book) und Das zweite Dschungelbuch (The Second Jungle Book), die in den Jahren 1894 und 1895 entstanden.

Da Baden-Powell die speziellen Fähigkeiten der Buben im Wölflialter erkannte, suchte er eine geeignete Geschichte als pädagogisches Hilfsmittel, eine Rahmengeschichte. Als Engländer und Bewunderer Kiplings, die beiden waren Zeitgenossen, entschied er sich für das Dschungelbuch. Ein wichtiger Grund war Kiplings feine psychologische Beobachtungsgabe mit der er seine Dschungeltiere präsentiert. Die Dschungelbücher sind nicht einfach Tiergeschichten oder Fabeln von sprechenden und denkenden Tieren. Hinter den Tieren stecken menschliche Eigenschaften, gepaart mit einer Darstellung der typisch tierischen Eigenschaften, die die Tiere als sehr glaubhaft erscheinen lassen. Kipling verwendet nicht nur Einzeltiere, sondern er lässt sie in einer Gemeinschaft zusammenleben. Er zeigt, wie Gemeinschaft funktionieren kann – nämlich dann, wenn sich alle an die Spielregeln, die im Dschungel herrschen, halten. Kipling war mit der Verwendung seines Buches bei den Pfadfindern einverstanden.

Wieder in England

Nach Streitereien mit Verwandten kehrte die Familie nach England zurück. 1897 veröffentlichte Kipling den Roman Captains Courageous: A Story of the Grand Banks (auf Deutsch erschienen unter den Titeln Die mutigen Kapitäne, Brave Seeleute, Über Bord, Junge Abenteurer auf See und Fischerjungs), in dem er Erlebnisse und Eindrücke aus Amerika verarbeitete. Der kraftvolle Stil ist von Robert Louis Stevenson beeinflusst, übertrifft diesen aber noch an Knappheit und Konzentration auf das Wesentliche.

Ebenfalls 1897 entstand anlässlich des 60. Thronjubiläums von Königin Victoria das Gedicht Recessional – ein pessimistischer, warnender Blick auf die Selbstgefälligkeit und Selbstherrlichkeit des Britischen Empire. Im folgenden Jahr reiste Kipling nach Afrika, freundete sich mit dem britischen Imperialisten Cecil Rhodes an und begann erneut Material für ein weiteres Kinderbuch zu sammeln, Genau-so-Geschichten (Just so Stories), das 1902 erschien. Kipling schrieb dieses Buch für seine Tochter Josephine, die 1899 an einer Lungenentzündung starb. In diesen phantasie- und humorvollen Geschichten versuchte er, die ständigen Warum-Fragen kleiner Kinder auf heitere Weise zu beantworten. Dazu gehören zum Beispiel: Wie das Elefantenkind seinen Rüssel bekam, Wie der Leopard zu seinen Flecken kam und Wie der erste Brief geschrieben wurde. 1899 wurde Kipling in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.

Kim

1901 erschien der Roman Kim, der bis heute als eines von Kiplings bedeutendsten Werken gilt. Kim, Sohn eines irischen Soldaten, wächst als Waisenkind auf den Straßen von Lahore auf, wo er trotz seiner britischen Abstammung als „Eingeborener“ gilt. Den Roman durchzieht eine Kriminal- und Spionagegeschichte, die als Anlass dient, Kim durch große Teile Indiens reisen und die jeweiligen Gebräuche erleben zu lassen. Der Roman war das Lieblingsbuch von Jawaharlal Nehru. Er gilt – auch in Indien – als eine der besten literarischen Darstellungen Indiens in der Kolonialzeit.

Rudyard Kipling starb 1936 im Alter von 70 Jahren an einer Hirnblutung und wurde nach Einäscherung im Golders Green Crematorium in der Westminster Abbey zu Grabe getragen.[7] Nach dem Tod seiner Frau wurde sein Haus Bateman’s 1939 in East Sussex dem National Trust vermacht und in ein öffentliches Museum umgewandelt.

Trivia

Nach Kipling und dem schwarzen Panther im Dschungelbuch wurde die Spinne Bagheera kiplingi benannt. Kipling ist Namensgeber für die Kipling Mesa, einen Tafelberg auf der James-Ross-Insel in der Antarktis.

Werke

Lyrik

  • Barrack Room Ballads. 1890 (deutsch: Die Balladen aus dem Biwak/Soldatenlieder), enthält das auch als Song durch Frank Sinatra und andere populär gemachte Gedicht On the Road to Mandalay

Erzählungen

  • Indische Erzählungen. übersetzt von Irma Wehrli, Manesse 2006, ISBN 3-7175-2100-4.
  • Meistererzählungen. übersetzt von Sylvia Botheroyd, Monika Kind, Sabine Kipp, Ilse Leisi und Irma Wehrli, Manesse 1987, ISBN 3-7175-1734-1.
  • Der Mann, der König sein wollte. Indische Erzählungen. Elf Erzählungen übersetzt von Gustav Meyrink, mit einem Nachwort von Volker Neuhaus. Ripperger & Kremers 2014, ISBN 978-3-943999-16-7
  • Die späten Erzählungen. Übersetzt von Gisbert Haefs. Fischer, Frankfurt a. M. 2015
  • Mit der Nachtpost. Unheimliche Geschichten. Übersetzt von Friedrich Polacovics. Insel Verlag, Frankfurt a. M. & Leipzig 1991

Romane

  • Das Licht erlosch (The Light that Failed), 1891
  • Naulahka, das Staatsglück (The Naulahka – A Story of West and East), 1892
  • The Jungle Book. 1894. Erste vollständige (!) Übertragung ins Deutsche: Das Dschungelbuch. Fischer Taschenbuch Verlag, 1995. Dt. von Peter Torberg
  • The Second Jungle Book. 1895. Erste vollständige (!) Übertragung ins Deutsche: Das zweite Dschungelbuch. Fischer Taschenbuch Verlag, 1996. Dt. von Peter Torberg
  • Captains Courageous. 7 Folgen in McClure’s Magazine November 1896 bis Januar 1897, 1897 als Buch.
Auf Deutsch als Fischerjungs – Ein Seeroman. Übersetz. Norbert Jaques, P. List, Leipzig 1930.
Neuausgabe als Über Bord. Hrsg. und übersetzt Gisbert Haefs, Mare, Hamburg 2007. ISBN 9783866480728. Rezension in der FAZ.[8] Neuausgabe des Werks in der Übersetzung von Haefs ebenfalls unter dem Titel Über Bord mit Illustrationen von Christian Schneider bei der Edition Büchergilde, Frankfurt 2015, ISBN 978-3-86406-060-1.
  • Stalky & Co. 1899
  • Kim, 1901

Nicht-Fiktionales

  • A Fleet in Being. 1898
  • From Sea to Sea – Letters of Travel. 1899
  • Sea Warfare. 1916
  • The Irish Guards in the Great War. 1923
  • A Book of Words. Reden, 1928
  • Something of Myself. Autobiografie, 1937

Autobiografisches und Briefe

  • Erinnerungen. Etwas von mir, für meine bekannten und unbekannten Freunde. Scientia, Zürich 1938.

Deutschsprachige Hörbücher

  • Der Mann, der König sein wollte, Gelesen von Jan Koester. Medienverlag Kohfeldt, Edewecht 2016, ISBN 978-3-86352-072-4 (Lesung, 2 CDs, 103 Min.)
  • Indische Erzählungen. Gelesen von Ulrich Noethen. Der Audio Verlag (DAV), Berlin, 2009, ISBN 978-3-89813-848-2 (Lesung, 2 CDs, 144 Min.)
  • Das Dschungelbuch. Gesprochen von Traugott Buhre, Jens Wawrczeck, Horst Mendroch. Der Audio Verlag (DAV), Berlin, 2008, ISBN 978-3-89813-776-8 (Hörspiel, 2 CDs, 98 Min.)
  • "Genau-So-Geschichten". Gelesen von Christoph Waltz. tacheles/ROOF Music, Bochum 2012, ISBN 978-3-86484-010-4 (Lesung, 2 CDs, 144 Min.)

Literatur

  • Stefan Welz: Rudyard Kipling : im Dschungel des Lebens, Darmstadt : Lambert Schneider, 2015, ISBN 978-3-650-40030-7.

Weblinks

Quellen

  1. Andrew Rutherford: Vorwort zur Gesamtausgabe In: Rudyard Kipling: Puck of Pook's Hill and Rewards and Fairies. Oxford University Press, 1987, ISBN 0-19-282575-5.
  2. Andrew Rutherford: Vorwort zur Ausgabe von: Rudyard Kipling: Plain Tales from the Hills. Oxford University Press, ISBN 0-19-281652-7.
  3. Birkenhead, Lord: Rudyard Kipling. Appendix B, “Honours and Awards”. Weidenfeld & Nicolson, London 1978; Random House Inc., New York 1978.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Rudyard Kipling: Something of myself and other autobiographical writings. Cambridge University Press, 1990, ISBN 0-521-40584-X. (online)
  5. Humphrey Carpenter, Mari Prichard: Oxford Companion to Children's Literature. Oxford University Press, 1984, S. 296–297.
  6. Online im Projekt Gutenberg
  7. knerger.de: Das Grab von Rudyard Kipling
  8. Jürgen Kaube 30. November 2007: Mein Sohn, der fährt zur See. Rudyard Kipling zeigt, was Bildung ist.